25.09.2011, 22:30, zu Hause:

Para mis amigos chilenos!

Es war eigentlich nicht viel los, an diesem sonnigen Sonntag in Österreich. Es war warm, sehr angenehm warm.
Lieber Besuch aus Wien war da.

Mercedes Elisa, eine sehr charmante Freundin aus Chile, hat mir via Facebook vorgeschlagen, da ich heute nicht viel zu berichten habe, ein wenig über meine Gefühle und Gedanken zu dieser langen Reise zu schreiben. Gerne!

Meine Familie und meine Freunde schwanken zwischen Ungläubigkeit und Vorfreude. Die Einen können sich das Vorhaben partout nicht vorstellen. Die Anderen fiebern meiner Abfahrt entgegen, aber auch meiner gesunden Rückkehr.
Vor einigen Jahren hätte mein Projekt niemand akzeptiert. Heute gewährt man mir meinen Wunsch. Meinen Wunsch endlich mein Leben zu leben. Es ist schon verrückt, wenn einer freiwillig zum Meereseremiten wird. Selbstverwirklichung kann das auch nicht sein. Vielleicht will ich mir selbst beweisen, dass ich etwas kann, was zuvor noch nie ein Mensch getan hat. Ich sage bewußt getan hat, können hätte es jeder.
Als Columbus sein Ei auf den Tisch gestellt hat, hat er damit das Selbe "getan".
Jeder "kann", aber keiner "hat"!
Ich will und ich werde!
Ob es gelingt hängt von sehr vielen Faktoren ab.
Seekrankheit wird mich nicht in die Knie zwingen. Verhungern und an Skorbut zugrunde gehen, werde ich auch nicht. Kleinere Verletzungen kann man selbst behandeln, große muss man durch Vorsicht vermeiden. Was mir besondere Sorgen bereitet, sind Zahnschmerzen.
Früher beim Ballonfahren, ich hatte nie Zahnschmerzen, bekam ich immer welche.
Zahnschmerzen, sind für mich neben Nierenkoliken und Bandscheibenvorfällen die ärgsten Plagegeister. Als junger Bursche hatte ich eine Nierenkolik, nachdem ich zwei Liter Apfelsaft ziemlich schnell in mich hineingeschüttet hatte. Die Geschichte mit den Bandscheiben beruht auf einer vernachlässigten Rückenmuskulatur. Das habe ich wegtrainiert. Eigentlich bin ich fit wie ein Turnschuh. Was bleibt ist die Angst vor Zahnweh. Doch da haben wir auch einen Plan.  Für den Durchschnittseuropäer sind meine Zähne in Ordnung. Wir werden trotzdem jeden Zahn akribisch untersuchen und gegebenenfalls auch extrahieren. Da gehen wir kein Risiko ein. Aus Deutschland bekommen wir einen mobilen Zahnarztkoffer. Der wird dann alleine schon beruhigend wirken, wenn er mit an Bord ist. Wozu Menschen in Notlagen fähig sind, wissen wir alle. So werde ich dem Köfferchen auch Einiges entlocken können, wenn die Beisserchen bösartig werden.
Soviel zu meinen, meine Person betreffenden Ängsten, ja, ohne Angst keine Vorsicht, ohne Vorsicht gibt es Probleme.
Es liegt noch ein gutes Jahr zwischen meiner Abfahrt und dem heutigen Tag. Bis dahin ist noch wahnsinnig viel zu tun.
Ich will das hier jetzt nicht aufzählen, es folgt in meinen weiteren Tagesberichten.
Gefühle. Ich weiss nicht so recht. Ich glaube alle Anderen haben mehr Gefühle als ich selbst. Ich fühle noch nichts. Viel Arbeit kommt auf mich zu. Ich werde noch herumreisen müssen, bevor ich auf die große Reise gehe. Planungsarbeit, Verhandlungen, Behördenwege, Botschaftsbesuche, Partnergespräche, Besprechungen mit Wissenschaftlern, Medienarbeit, ganz wichtig ist die Information der Medien. Ihr wollt ja alle wissen, was los ist. Aber auch die Dokumentation der Reise, ein Film oder zwei. Videos für die Partner,
die Satellitenübertragungen von Bord, über das tägliche Leben, den Zustand von Skipper und Katamaran.
Eigentlich fühle ich nur, dass die Zeit knapp wird. Ist doch paradox. Ich propagiere das Wort "Entschleunigung" und dann habe ich das Gefühl, die Zeit vergeht zu schnell.
Vielleicht, erfüllt sich mein Wunsch nach Zeit, um Zeit zu haben, dann auf dem Schiff.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen